Der Begriff „Biophilie“ (Bio: das Leben betreffend & philie: Vorliebe; Neigung) wurde durch den Philosophen, Sozialpsychologen und Psychoanalytiker Fromm bereits 1964 verwendet. Er sah Bibliophilie als „leidenschaftliche Liebe allem Lebendigen gegenüber“ und als notwendige Voraussetzung von geistigem und emotionalem Wohlergehen an. Im Gegensatz zu Fromm’s gefühlsbetontem Verständnis erweiterte der Verhaltensbiologe Wilson 1984 das Biophilie-Konzept um zusätzliche Aspekte. Als Biophilie sah er die biologisch begründete Affinität zu allem Belebten an, was sowohl Pflanzen, Tiere, Ökosysteme als auch Landschaften mit einschließt. Wilson führt dies auf die evolutionäre menschliche Co-Entwicklung mit anderen Lebewesen zurück, durch die dieser Hang zum Leben und zur Natur begründen ist und durch die weiterhin das Umfeld entstand, das die Entwicklung von Leben erst ermöglicht bzw. begünstigt. Diese Affinität ist evolutionär sinnvoll, bedenkt man, dass Menschen existenziell auf die Beobachtung ihrer Umwelt angewiesen waren und sind. Beispielsweise konnte der Mensch durch die Beobachtung des Verhaltens von Tieren die Sicherheit seiner Umgebung überprüfen und Bedrohungen früher erkennen. Biophilie kann demnach auch als archaische Wurzel der Mensch-Tier-Beziehung verstanden werden. Versucht man, die Natur durch Gegenstände zu ersetzen, beispielsweise eine künstliche Umwelt als Ersatz für reale Naturerlebnisse, bleiben die gewünschten positiven Effekte aus und es ergeben sich Defizite, die langfristig dazu führen, den Kontakt zu anderen Lebewesen und zur Umwelt zu verlieren. Hierdurch würde der Mensch viele relevante Erlebnis- und Erfahrungsräume einbüßen, die er als Grundlage für die physische, emotionale und intellektuelle Entwicklung braucht. Zwar ist die Verbundenheit mit der Natur angeboren und kann somit von frühster Jugend an beobachtet werden, sie wird aber im Laufe unseres Lebens durch Lernprozesse, Erfahrungen und kulturelle Einwirkungen beeinflusst und wirkt sich so auf die Bereitschaft aus, die Verbundenheit zur belebten Natur wahrnehmen zu können. So gesehen verwundert es auch nicht, dass Tiere eine Stärkung und Bereicherung der Beziehung zwischen Mensch und belebter Umgebung bewirken.
Die Grundlagen, die die biologische Verbundenheit zwischen Natur und Mensch erklären, unterteilt Kellert (1993) dabei in 9 Segmente:
- Utilitaristischer Aspekt, z.B. Tiere als Nahrung
- Naturalistischer Aspekt, z.B. Sport und Entspannung in freier Natur als zufriedenes Ausgefüllt sein
- Ökologisch-wissenschaftlicher Aspekt, z.B. Neugier, Finden von Kontrollmöglichkeiten oder Erkenntnis von Zusammenhängen
- Ästhetischer AspektB. Bewunderung, Inspiration oder Angesprochen sein durch natürlichen Schönheit
- Symbolischer Aspekt, z.B. metaphorische Formen des Ausdrucks
- Humanistischer Aspekt, z.B. Gemeinschaftsgefühl, Bindung, starke Verbundenheit mit einem Tier
- Moralischer Aspekt, z.B. ethisches Verantwortung
- Dominanz-Aspekt, z.B. Beherrschung der Natur
- Negativistischer Aspekt, z.B. Angst vor Spinnen
Alle dargestellten Aspekte bezeichnen die starke Beziehung von Natur und Mensch. Es wird weiterhin angenommen, dass verschiedene Formen gleichzeitig aktiviert sein können und die Interaktion zwischen Mensch und Natur beeinflussen.
Literatur:
- Olbrich, E. (2003). Zum Verstehen der tiergestützten Therapie: Versuch einer Integration In Olbrich, Prof. Dr. E., Otterstedt, Dr. C. (Hrsg.) (2003). Menschen brauchen Tiere (184 – 196) Stuttgart: Kosmos.
- Hartmann, N. M. (2010). Tiere als Eisbrecher: Die Bedeutung der Tier-Mensch-Beziehung in der stationären Jugendhilfe. Marburg: Tectum.
- Vernooij, M. A., Schneider, S. (2013). Handbuch der Tiergestützten Intervention. Wiebelsheim: Quelle & Meyer.
Der Begriff bezeichnet dabei ursprünglich die Fähigkeit eines Menschen, einen anderen Mensch als eigene Persönlichkeit wahrnehmen zu können und wurde 1922 von dem deutschen Psychologen Bühler geprägt, 1931 erstmals durch den Soziologen Geiger auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier übertragen. Auf die Mensch-Tier-Beziehung bezogen beschreibt Du-Evidenz also den Umstand, dass zwischen Menschen und Individuen (höherer) Tierarten Beziehungen in einer Intensität möglich sind, die sonst nur intraspezifisch entwickelt werden. Das Gefühl der Du-Erfahrung kann dabei allerdings auch nur einseitig sein.
Wirksam ist die Du-Evidenz vor allem auf der sozioemotionalen Ebene. Ihren Ursprung scheint sie in den authentischen Gefühlen und Einstellungen zu haben, die man dem anderen entgegenbringt. Wichtig sind hierbei auch persönliche, gemeinsame Erlebnisse. Die Wahrscheinlichkeit Du-Evidenz in Mensch-Tier-Beziehungen zu finden ist folglich vor allem dann hoch, wenn in körpersprachlichem Ausdruck, in den Empfindungen und Bedürfnissen des Gegenüber Ähnlichkeiten zu finden sind. Diese bilden die Basis der Beziehungsentwicklung und es wird nach einer gemeinsamen Kommunikationsebene gesucht, verbal oder nonverbal. Dem Tier werden in dieser Beziehung personale Qualitäten zugesprochen und es aus der Masse hervorgehoben, was durch die Namensgebung von Haustieren gut verdeutlicht wird.
Die Du-Evidenz hat in Konsequenz zu einer verstärkten Motivation von Zuwendung und einer Stärkung bzw. Verankerung der Tierrechte geführt. Sie bildet weiterhin die Voraussetzung für den Einsatz von Tieren im therapeutischen und pädagogischen Setting.
Literatur:
- Hartmann, N. M. (2010). Tiere als Eisbrecher: Die Bedeutung der Tier-Mensch-Beziehung in der stationären Jugendhilfe. Marburg: Tectum.
- Vernooij, M. A., Schneider, S. (2013). Handbuch der Tiergestützten Intervention. Wiebelsheim: Quelle & Meyer.
Neuronale Motivationssysteme dämpfen oder steigern durch neurochemische Botenstoffe Verlangen, Antrieb und Motivation. Durch die Freisetzung des Neurotransmitter Dopamin wird ein Zustand von Wohlbefinden ausgelöst, der Antrieb und Energie bereitstellt und die Konzentration und Handlungsbereitschaft anregt. Durch die Ausschüttung von Dopamin kommt es im Körper weiterhin zur Freisetzung sekundärer Botenstoffe, zu denen das Hormon Oxytocin gehört. Auch Oxytocin steigert das Wohlbefinden und begünstigt bzw. unterstützt die Entstehung sozialer Beziehungen, weshalb es auch als „Bindungshormon“ bezeichnet wird. Es wird durch sämtliche Arten freundlicher Interaktion, vor allem aber durch ausgeprägte sensorische Stimulation in den Blutkreislauf freigesetzt, beispielsweise durch Hautkontakt, Streicheln oder sogar schon Blickkontakt, wenn es sich um Personen handelt, mit denen eine vertrauensvolle Beziehung besteht. Oxytocin ist nachweislich für eine Reihe positiver Wirkungen auf den Organismus bekannt: Reduktion von Angst, Schmerzen, Senkung des Kortisolspiegels und des Blutdrucks, Stimulation von pro-sozialem Verhalten, der Aktivität des parasympathischen Nervensystems und des Magen-Darm-Traktes, was wiederum die Energieeffizienz und Verdauung optimiert und somit Wachstum und Erholung fördert.
Die Freisetzung von Oxytocin ist in zwischenmenschlichen Beziehungen von großer Bedeutung, da es die soziale Kompetenz erhöht sowie die Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden und zu interagieren. In der Ausschüttung von Oxytocin wird die Ursache für deren positiven Auswirkungen auf das Individuum vermutet. So ist ein guter Kontakt zu Tieren, mit denen der Mensch eine soziale Bindung eingehen, unter anderem mit einer Steigerung sozialer Interaktion, Aufhellung der Stimmung, Verbesserung empathischer Fähigkeiten, reduzierter Angst sowie Stressreduktion verknüpft. Dies wird durch das Ergebnis einer Studie belegt, nach der der Oxytocinspiegel sowohl beim Mensch als auch beim Hund nach 5 bis 24 Minuten Streicheln signifikant anstieg. Die Ergebnisse wurde sogar noch übertroffen, wenn es sich dabei um den eigenen Hund des Probanden handelte. Weiterhin konnte durch Studien belegt werden, dass bei Menschen intranasal verabreichtes Oxytocin über mehrere Wochen signifikant die Fähigkeit erhöhte, emotionale Wertigkeiten von Gesichtern und Stimmen besser wahrzunehmen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Oxytocin auch in der Interaktion zwischen Mutter und Kind oder Liebesbeziehungen eine entscheidende Rolle einnimmt.
Da grundlegende biologische Strukturen bei Menschen und Tieren oftmals identisch sind, liegt es nahe, dass Oxytocin auch in interspezifischen Beziehungen freigesetzt wird. Dies stützt eine aktuelle Studie von Nagasawa et al. (2015). In ihr wurde der Oxytocinwert im Urin vor und nach einer 30 minütigen Sequenz zwischen Hund und Besitzer gemessen. Je häufiger Blickkontakt zwischen ihnen bestand, umso höher war der Oxytocinspiegel im Anschluss bei beiden. Dies belegt zum einen die positive Wirkung auf den Mensch aber eben auch die Effekte, die der menschliche Kontakt auf den Hund selbst hat, bzw. die hohe Beziehungsqualität, die zwischen Mensch und Tier möglich ist. Im Vergleich mit Wölfen, die durch Menschen aufgezogen worden waren, zeigte sich, dass diese keine Erhöhung der Oxytocinwerte aufzeigten, was zusätzlich die Bedeutung der Domestikation der Tiere hervorhebt.
- Literatur:
- Hartmann, N. M. (2010). Tiere als Eisbrecher: Die Bedeutung der Tier-Mensch-Beziehung in der stationären Jugendhilfe. Marburg: Tectum.
- Julius, H., Beetz, A., Kotrschal, K., Turner, A., Uvnäs-Mober, K. (2014). Bindung zu Tieren. Psychologische und neurobiologische Grundlagen tiergestützter Intervention. Göttingen: Hogrefe.
- Nagasawa, M. Et al. (2015). Oxytocin-gaze positive loop and the coevolution of human-dog bonds. Science Magazine 348 (6232). 333-336.
- Odendaal, JS., Meintjes, RA. (2003). Neurophysiological correlates of affiliative behavior between humans and dogs, Vet J, 165 (3), 296-310.
Die Psychoanalyse ist die ursprünglichste Behandlungsform der durch die Krankenkassen finanzierten Therapien. Sie geht auf Sigmund Freud Ende des 19. Jahrhunderts zurück, wobei sie sich seit damals stetig weiterentwickelt hat.
In der Psychoanalyse versuchen Therapeut*in und Patient*in durch Gespräche zu verstehen, was die verborgenen Gründe (so genannte „unbewusste Konflikte“) mit Ursprung in der Vergangenheit sind, durch die sich die heutigen psychischen Probleme des*der Patient*in entwickelt haben. Durch das Bewusstmachen der Gründe können die Konflikte aufgelöst werden und die psychischen Probleme verschwinden. Der*die Therapeut*in gibt dabei keine Ratschläge oder Tipps, sondern bietet dem*der Patient*in vielmehr eine neutrale „Leinwand“ an, auf der diese*r seine Erkenntnisse und Schlussfolgerungen frei gestalten kann.
Ursprünglich fand eine Psychoanalyse über mehrere Jahre mit 3-4 Sitzungen pro Woche statt, wobei dies bei moderneren Behandlungen nicht mehr der Fall sein muss.
Bei Spiegelneuronen handelt es sich um Nervenzellen, die von Rizzolatti und Forscherteam 1996 bei Versuchen mit Makakenäffchen entdeckt wurden. Die Neuronen reagierten dabei innerhalb des Großhirns auf Bewegungen eines Gegenüber genau so, wie wenn diese Bewegung selbst ausgeführt worden wäre. Ihre Existenz konnte in weiteren Untersuchungen auch im menschlichen Gehirn nachgewiesen werden. Es ist möglich, dass „Stimmungsübertragung“ also auch durch Spiegelneuronen herbeigeführt wird. Die Spiegelneuronen erlauben es uns, die Aktionen anderer zu simulieren und somit nachzuvollziehen, die Absichten anderer zu verstehen und somit auch empathisch auf andere zu reagieren. Es wurde zwar noch nicht erforscht, ob auch andere Säugetiere, z.B. Katzen oder Pferde, über Spiegelneuronen verfügen und ob der Mensch Tiere spiegelt, „aufgrund des artübergreifenden, gemeinsamen Grundprinzips können Spiegelneuronen (jedoch) als Basis für zwischenartliche affektive Kommunikation, für das Erkennen der Absichten anderer und für Stimmungsübertragung angesehen werden“ (Julius et al, 2014, S. 37). Somit können (in Kombination mit anderen Theorien) auch die Spiegelneuronen einen Ansatz bieten, die besondere Verbundenheit zwischen Mensch und Tier zu erklären.
Literatur:
- Julius, H., Beetz, A., Kotrschal, K., Turner, A., Uvnäs-Mober, K. (2014). Bindung zu Tieren. Psychologische und neurobiologische Grundlagen tiergestützter Intervention. Göttingen: Hogrefe.
- Vernooij, M. A., Schneider, S. (2013). Handbuch der Tiergestützten Intervention. Wiebelsheim: Quelle & Meyer.
Die Tiefenpsychologie hat Ihren Ursprung in der Psychoanalyse. Auch sie geht von unbewussten Konflikten aus, die zu den psychischen Problemen führen, unter denen der*die Patient*in leidet. Sie beschäftigt sich dabei jedoch mehr mit dem „Hier und Jetzt“, wodurch es bei tiefenpsychologischen Behandlungen zu schnelleren Erfolgen kommt.